Letzte Ruhe im Nordschwarzwald: Bekannte Persönlichkeiten überraschen auf Friedhöfen in der Region

Hans Schabert

Das Familiengrab von Kurt und Elisabeth Gscheidle auf dem Bad Wildbader Waldfriedhof.

Schömberg/Bad Wildbad/Neuenbürg. So mancher reibt sich verwundert die Augen, wenn er über den einen oder anderen Friedhof im Nordschwarzwald geht. Wer im Land Gräber von Prominenten besuchen und so vielleicht in die Geschichte eintauchen möchte, der weiß, dass er dazu im historischen Teil des Stuttgarter Pragfriedhofs fündig wird. Aber auch die Bestattungsplätze im nördlichen Schwarzwald halten so manche Überraschung bereit.

So ist in Schömberg seit 1932 das Grab von Enkel „Nitu" des indischen Literatur-Nobelpreisträgers Rabindranath Tagore zu finden. Auf dem Bad Wildbader Waldfriedhof gibt es seit 2003 die Grabstätte von Post- und Verkehrsminister Kurt Gscheidle. Im April 1971 fand im heutigen Neuenbürger Stadtteil Waldrennach der ehemalige Bundesbankpräsident Karl Blessing seine letzte Ruhe.

Sohn eines großen Literaten

In Schömberg ist das Grab des im 21. Lebensjahr verstorbenen Nitindra Nath Ganguly in den „Kurortgeschichtlichen Rundweg" eingebunden. Gleich am Friedhofseingang weist eine Informationstafel darauf hin. Auf der Grabplatte steht in bronzenen Buchstaben in Englisch das Wort von Tagore: „Mein Nitu, Du bist jetzt ein Pilger in der Ewigkeit. Großvater." Er war der einzige männliche Nachkomme von Rabindranath Tagore und beide waren sich besonders verbunden. Den Literatur-Nobelpreis erhielt Tagore 1913 zugesprochen. Der Enkel war ab 1931 zu Studienzwecken vorübergehend in Deutschland.

An Tuberkulose erkrankt suchte er im Juli 1932 aus Leipzig kommend im für sein Heilklima berühmten Schömberg in der Neuen Heilanstalt Hilfe. Aber die Krankheit war zu weit fortgeschritten. Er starb 20-jährig am 7. August 1932. Exakt am gleichen Tag acht Jahre später verstarb Tagore (1861 bis 1981) an seinem Geburtsort Kalkutta.

Postminister liebte Urlaub in Wildbad

Verkehrs- und Postminister Kurt Gscheidle (1924 bis 2003) bekleidete von 1974 bis 1982 ein Ministeramt in unterschiedlich zugeschnittenen Bundesministerien. Viele Jahre verbrachte Gscheidle mit seiner Frau im Hotel Valsana in Wildbad den Urlaub. Nach dem Ausstieg aus dem Politik-Geschehen erwarben beide 1985 ein halbes Penthouse im benachbarten Wohngebäude stadtauswärts zwischen der Kernerstraße und dem Kurpark und verbrachten in der Bäderstadt ihren Lebensabend.

Gscheidle setzte sich als Einwohner für den Entlastungstunnel und den Erhalt der Enztalbahn ein. Deshalb wurde ihm auch die silberne Stadtplakette verliehen. Seine Frau Elisabeth (1928 bis 2015) ruht ebenfalls im Familiengrab. Ihr unterlief der sogenannte „Gscheidle-Irrtum", als sie versehentlich mit einer nicht amtlichen Briefmarke die Post frankierte. Sie nahm die Marken, ohne zu wissen, dass diese nicht gültig sind, vom heimischen Schreibtisch ihres Mannes. Es handelte sich um Bogen, die dem Minister zuvor zur Ansicht zugeleitet worden waren. Gedruckt worden waren die Marken ursprünglich zu den Olympischen Spielen in Moskau. Aufgrund des Boykotts wurden die Marken dann später vernichtet.

Die Rundfunkleute Sibylle Nägele (1943 bis 2015) und MdB Manfred Wende (1927 bis 2015) sind weitere Persönlichkeiten, die in Wildbad ihre letzte Ruhe fanden.

Wirtschaftswunder mitgestaltet

Vor 50 Jahren gab es in Waldrennach ein Staatsbegräbnis: Im April 2021 war es ein halbes Jahrhundert her, dass Bundesbankpräsident Karl Blessing (1900 bis 1971) dort bestattet wurde. Der Grabstein fällt beim Betreten des Friedhofs ins Auge. Zwölf Jahre lang war Blessing von 1958 bis 1969 der oberste Hüter der deutschen Währung und Mitgestalter des Wirtschaftswunders. Er verbrachte in der später zum Neuenbürger Stadtteil gewordenen Gemeinde seine letzten Dienstjahre.